Ist dies der vorerst letzte Artikel über den Blau-Weißen Hauptstadtverein in der ersten Bundesliga für eine lange Zeit?
Wie schön war es noch vor fast genau einem Jahr? Hertha spielte eine grandiose Zweitliga-Saison, gewann nach Belieben und schaffte den unmittelbaren Wiederaufstieg in das Oberhaus der deutschen Fussball-Bundesliga.
Die Mannschaft, der Trainer, das Management und die Fans schwebten auf einer Euphorie-Welle von Sieg zu Sieg. Was waren wir optimistisch, dass wenn wir mit dem gleichen Engangement weiter spielen wir vielleicht endlich unser Gurkenimage ablegen können und zu einem etablierten Club der ersten Liga werden könnten?
Doch es kam alles anders.
Die Hinrunde, der Traum ging weiter. Markus Babbel und seine Mannen spielten auch im Oberhaus einen, dem Aufsteiger angemessenen Traumfussball. Man kämpfte Gewissenhaft um jeden Ball, rannte immer ein paar Meter mehr als der Gegner und schoß dann und wann das Siegtor oder zumindest den verdienten Ausgleich. Auf dem Feld dort unten im Olympiastadion standen elf kampfbereite Jungs oder Männer die sich die harte Arbeit aus der Vorsaison nicht wieder kaputt machen lassen wollten.
Wie schon seit Dekaden nicht mehr erreichte „die alte Dame von der Spree“ das DFB-Pokal-Viertelfinal und schied dort durch eine Unsportlichkeit des Mönchengladbachers Dante gegen Robert Hubnik (Der Kopfstoss der keiner war und damit die rote Karte die keine war) aus. Doch zu jener Zeit war das Schiff schon am sinken. Was war passiert?
Die Hinrunde neigte sich dem Ende und es wurde Zeit den Münchner Erfolgstrainer länger an sich zu binden. Hertha Manager Michael Preetz drängte Markus Babbel zu einem Statement wie es um seine Zukunft an der Spree bestimmt sei. Doch Babbel wollte vordergründig erst einmal die Vorrunde auf einem respektablen Platz beenden und sich in der Winterpause Gedanken über seinen Verbleib in Berlin machen. Damit begann das Berliner Vereinschaos.
Preetz bezichtigt Babbel der Lüge, Babbel konterte und warf diesem wiederum Unehrlichkeit vor. Eine zwei-wöchige Posse um die Vertragsverlängerung brachte dermaßen Unruhe in den Verein, dass die Spieler unsicher wurde und auf dem Platz zu straucheln begannen. Irgendwann ein oder zwei Spieltage vor dem Ende der Hinrunde schmiß Trainer Babbel dann hin. „Er könne unter diesen Voraussetzungen des Mißtrauens und der Unterstellungen nicht weiter in Berlin trainieren“. Und wer kann es ihm verübeln. Markus Babbel reist mit Sack und Pack ab und lässt seinen Co-Trainer die letzten Beiden Spiele (17. Spieltag und DFB-Pokal-Achtelfinale) leiten.
Dies waren die letzten beiden Spiele die Hertha mit Anstand und Kampfeslust spielte. Dann kam die Winterpause und der Hertha-Vorstand präsentierte den neuen Superhelden auf der Berliner Trainerbank. Michael Skibbe. MICHAEL SKIBBE!!! Er ließ sich extra aus seinen guten Trainerjob in der ersten Türkischen Liga herauskaufen, um die gute Hinrundenbilanz in der Rückrunde weiter zuführen.
Doch genauso unterschiedlich wie Babbel und Skibbe sind spielte auch die Hertha. Man verlor fast jeden Zweikampf, machte radikale Fehler in der Abwehr, dem Spielaufbau und im Sturm und verlor nach und nach jedes Spiel. Skibbe hat seine Mannschaft nicht im Griff.
Diskussionen werden aus der Kabine (Christian Lell erinnert sich) getragen, Skibbe wird mit jeder Niederlage ein bisschen blasser und Hertha befindet sich im Freien Fall Richtung Abstiegsplätze.
Und dann war es auch schon wieder vorbei. Nach fünf Spielen einen einzigen Punktgewinn durfte Cheftrainer Michael Skibbe wieder gehen und die beiden Ur-Herthaner René Tretschok und Ante Chovic übernahmen als Interimstrainer ein absolut verunsichertes Team, das den Glauben in seine Stärke verloren hat. Die einstigen Leistungstraiger Sergio Ramos, Ra- Ra- Raffael oder auch Top-Goalgetter der 2. Liga Pierre-Michel Lasogga waren nur noch Schatten Ihrer selbst.
Stolperten über den Platz bekamen weder Pass noch Torschuss auf die Reihe. Hertha am Abgrunde, Preetz in Erklärungsnot und düstere Aussichten auf den weiteren Verlauf der Saison.
Die Stimmen gegen den Vereinsboss Werner Gegenbauer wurden lauter. Die Fans und auch die Medien forderten immer Häufiger den Rausschmiss von Preetz. Er hat weder ein glückliches Händchen mit Neuverpflichtungen, noch die Fähigkeit mit Trainern umzugehen die nicht nach seiner Pfeife tanzen als auch die Kompetenz einen Verein an die Spitze seiner Leistung zu bringen.
Manches mal fragt man sich, ob Dieter Hoeneß nicht vielleicht doch der bessere Mann im Management war. Immerhin hat man mit Ihm als Chef mal gegen den FC Barcelona in der Champions League gespielt.
Doch Preetz hat schon den nächsten Coup in petto. Die Verpflichtung des 73 jährigen Otto „der Große“ Rehagel. Eine Trainerlegende, selbst Spieler der Hertha in den sechziger Jahren, als Trainer nur einmal in seiner Karriere abgestiegen, mit dem 1. FC Kaiserslautern einen Durchmarsch von der zweiten Liga zum Gewinn der Meisterschaft gemacht und die schwachen Griechen 2000-irgendwann zum Europameister gemacht.
Eine wahre Größe des deutschen Fussballs die es sich nun zur Aufgabe machte die Berliner vor dem größtem anzunehmenden Unfall zu bewahren. Seine Rede zum Amtsantritt war unspektakulär schlicht: „Wir müssen weniger reden/labern und vielmehr auf dem Platz zeigen dass wir Fussball spielen können“ Was es gebracht hat? Erstes Spiel unter König Otto – eine Niederlage.
Der Fall geht weiter und die schiere Panik steigt in die Gesichert als die Fans ihren Verein erstmals wieder auf einem Abstiegsplatz stehen sehen. Die Angst geht allerdings nicht von Platz 17 aus, sonder von der Tatsache das die Spieler wie scheintot über den Rasen traben.
Ramos sticht hier besonders hervor. Ohne Zug zum Tor, schon bei der Ballannahme die Angst gleich einen Fehler zu machen und dann auch noch den Fehlpass zum Gegner. Ramos dürfte eigentlich nicht mehr spielen…
In der Sportberichterstattung fallen jetzt immer öfter die Worte, blutleer, Leichenblässe, fehlende Motivation, Versagensangst… und es stimmt. Wir schreiben den letzten Spieltag. Hertha auf Platz 17 mit zwei Punkten Rückstand auf den 1.FC Köln. Köln spielt zu Hause gegen die Bayern und Hertha auswärts bei – natürlich dem alten Trainer Markus Babbel, der nun in Hoffenheim seinen Dienst tut. Berlin muss gewinnen und hoffen das die Bayern nach verlorener Meisterschaft nicht schon in die Vorbereitung zum DFB-Pokal- und Champions League – Finale geht.
Und sie schaffen es. Mit einem harten und durch Fouls geprägten Spiel – Kampfspiel – gewinnen die Berliner auswärts. Die Kölner können den hoch motivierten Bayern nichts entgegensetzen und verlieren haushoch. Der Kölner Abstieg ist besiegelt und Hertha schafft die Relegation. Die letzte, aller aller aller letzte Chance doch nicht abzusteigen.
Jetzt heißt es KÄMPFEN HERTHA UND SIEGEN. Hinspiel zu Hause vor 55.000 Zuschauern. Hertha geht mit 1:0 in Führung steht in der ersten Hälfte gut, spielt schönen Fussball und sieht teilweise sogar aus wie ein Bundesligist. doch dann dreht Fortuna Düsseldorf auf und gleicht durch eine Tolle Einzelleistung zu Beginn der zweiten Halbzeit aus. Hertha bricht jetzt auseinander.
Nichts geht mehr. Die Laufwege stimmen nicht, die Pässe die noch vor 20 Minuten dem FC Barcelona Konkurrenz gemacht hätten kamen nicht mehr an und die Abwehr zeigte beängstigende Schwäche. Von unseren Offensivkräften ganz zu schweigen…
Plötzlich Freistoß aus 30 Meter Entfernung auf das Berliner Tor. Die scharf hineingeschlagene Flanke wird direkt auf das Tor gezirkelt und der einstige Berliner Superstar Sergio Ramos versenkt das Ding sicher im Kasten… im eigenen.
Herzlichen Dank Ramos für Deine tolle Saison, jetzt bist du wirklich raus. Vorne nix hinbekommen und hinten in eigene Tor einnicken… Endstand 1:2 für Düsseldorf.
Heute geht es also um die Wurst. Das letzte Spiel – die letzte Chance – und Hertha muss mit zwei Toren Unterschied auswärts gewinnen, damit sie die Klasse halten. Mittlerweile sieht es allerdings dürster aus. Wirklich dran glauben tun nur noch die wenigsten…
Das war ein Drama Spiel. Der Fussball in Deutschland und die gewaltbereiten Fans gleiten immer mehr ins hässliche ab.
Und noch schlimmer, das das Drama kein Ende nehmen will… Ich finde Hertha könnte einfach akzeptieren das sie Abgestiegen sind und gut ist…
Das das ganze zum Schluss hässlich wurde ist natürlich nicht schön, aber auch das gehört zum Fussball. Ich kann mich noch erinnern als Hertha mit Röber in die erste Liga aufgestiegen ist und wir nach dem Spiel auch sofort das Feld gestürmt haben. Da war halt einfach kein Halten mehr.