Fußball in den USA
Fußball in den USA

Der amerikanische Sonderweg im Fußball präsentiert sich sehr eingehend in dem Antagonismus einer intakten Fußball-Freizeitkultur und einer mangelnden professionellen Fußballkultur. Der Fußball wurde (noch) nicht in die „Sportfamilie“ (hegemoniale Sportkultur/sport space) aufgenommen, hat es aber dennoch geschafft, sich zu einer der beliebtesten (Freizeit)- Sportarten zu entwickeln. Interessanter Weise steht Fußball heute in den USA für Emanzipation und gesunde Lebensweise, für Kultur und Internationalität und damit für die kulturellen Werte, wofür die Großen Dreieinhalb nicht stehen.

Profi-Fussball in den USA

Es gibt einen professionellen Fußballsport in den USA, dieser ist aber vor allem im Fernsehen, im Vergleich zu den Großen Dreieinhalb und insbesondere zum American Football, unterpräsent. Problematisch erweist sich dieser Faktor bei der Etablierung des Soccers als fünfte Major- Sportart, denn vor allem die Anhänger und die Beobachter bilden die hegemoniale Sportkultur eines Landes, nicht im prägendem Maße die Teilnehmer (vgl. Markovits/Rensmann 2007: 53f.).

Negativ könnte sich dieser Aspekt auch auf die Entwicklung des Fußballs im Freizeitsportbereich auswirken, da eine unzureichende Präsenz im Fernsehen, heutzutage die Wahrnehmung beeinträchtigt, die eine Sportart im Fernsehen genießt. Andersherum betrachtet lässt es sich leicht „Ausmalen“, wie erfolgreich der Fußball sein könnte, wenn er eine erfolgreiche Fernsehvermarktung genießen würde.

2 Sonderfälle: Frauenfussball und Weltmeisterschaften

Zwei Sonderfälle kristallisierten sich indessen heraus: Der amerikanische Fußball kann internationale Erfolge sammeln (Frauenfußball) und auch durchaus im US- amerikanischen Fernsehen erfolgreich sein, was Fußballübertragungen von Weltmeisterschaften offenbaren. Vor allem eine Fußball- WM erweist sich als symptomatisch für die Probleme des Fußballs in den USA, denn sie erfüllt Eigenschaften, die im normalen Ligaalltag „schmerzlich“ vermisst werden: die Stadien sind voll und es wird mit qualitativ hochwertigen technischen Equipment gearbeitet. Dies führt zu einer Medieninszenierung, die vom amerikanischen Zuschauer zumindest fast 4-mal so gut im Fernsehen aufgenommen wird.

Beide Sonderfälle offenbaren weiterhin, dass nicht der Erfolg allein (Frauenfußball) oder eine „nationale Identifizierung“ (WM auch ohne die USA erfolgreich im Fernsehen) wichtig sind, um ein Sport-Event erfolgreich für das Fernsehen zu gestalten, sondern, dass eine Medieninszenierung spezifische Aspekte der jeweiligen Sportart dramaturgisch unterstreichen muss, um vor allem unterhaltungsfördernd zu agieren. Die Steigerung der „Unterhaltungsdominanz“ ist der entscheidende Faktor.

Die Ligafunktionäre der MLS sind sich der marginalen Fernsehpräsenz des Fußballs bewusst und „versuchen“ diese aufzulösen. In den Anfangsjahren der MLS hat dies zu abstrusen Vermarktungsstrategien geführt (Performance Play), welche die quantitative Präsenz des Fußballs enorm erhöhte, jedoch proportional umgekehrt dazu die Qualität senkte. Heute wird vermehrt Fußball aus aller Welt übertragen, vornehmlich die „Primer League“ (England), was ebenfalls eher schädlich für die MLS scheint, da dem amerikanischen Zuschauer Medieninszenierungen präsentiert werden, die der amerikanische Fußball nicht aufbringen kann.

Medienpräsenz des Fußballs

Der Sport definiert sich heute im großen Maße über seine mediale Präsenz in den Massenmedien und ist nicht mehr länger als Zeitvertreib (im konsumierenden sowie im rezipierenden Charakter) der Eliten zu sehen. Es wird versucht, medientechnisch zu den Großen Dreieinhalb aufzuschließen, was allerdings durch das Kopieren von vor allem beim American Football funktionierenden Strukturen, wegen ihrer Heterogenität nicht gelingen kann. Die Orientierung an einer erfolgreichen „Fernsehsportart“ ist grundsätzlich legitim, es sollte aber auch eine Sportart sein, die zumindest konzeptionell dem Fußball ähnlicher ist, wie z.B. Eishockey.

Die Konfrontation von Ökonomie und Kultur beschreibt eine grundsätzliche Problematik dieses Aspekts, denn in den USA wird Kultur in der Regel über die Ökonomie erzeugt. In dem Beispiel des aus Europa stammenden Fußballsports kommt es zu einer Verschärfung des Konfliktes zwischen Kultur und Ökonomie, weil eine kulturelle Stimulans erzeugt wird, ohne die Ökonomie zu tangieren, und es zu einer Art Auflösung dieser einseitigen Verflechtung kommt, welche Kultur lediglich über die Ökonomie erlaubt.

Der Fußball hat sich über den Jugendsektor eine quasi hegemoniale Position erarbeitet, ohne ökonomische Erfolge zu generieren, was ein Novum im kapitalistischen System der USA darstellt. Wirtschaftlich betrachtet bedeutet dies, dass in den Fußball investiert wird, ohne unmittelbare Gewinnaussichten. Dies widerspricht dem linearen Fortschrittsgedanken der amerikanischen Wirtschaft ebenso (weil Jahrelange Verluste in Kauf genommen werden), wie dem des amerikanischen Sportsystem, was Sportvereine als franchise– Unternehmen betrachtet, die in den überwiegenden Fällen von einem Besitzer geführt werden und den Verein ausschließlich als eine kapitalistische Ware ansehen. Fußball hingegen schien eine Zeit lang sogar losgelöst von „ökonomischen Zwängen“ und versucht erst seit den neunziger Jahren (WM 1994) Teil des ökonomischen Sport-Medien-Komplex in den USA zu werden.

Er hat sich in den USA in 12 Jahren MLS Geschichte und vielleicht 25 Jahren Teilnehmersportgeschichte zu einem wichtigen Bestandteil amerikanischer Populärkultur entwickelt, Stars und Talente produziert und besaß im Jahr 2007 mit David Backham den best bezahlten Sportler des gesamten amerikanischen Sportraums. Neue Fußballmärkte werden langsam erschlossen. Neue Stadien werden gebaut, die den Fußball für Stadienzuschauer und Fernsehzuschauer gleichermaßen attraktiver machen sollen.

Eine Prognose für die weitere Entwicklung des Fußballs in den USA zu wagen ist dennoch brisant, denn Fakt ist, dass er noch immer keine tragende Rolle im Fernsehen übernimmt. Allerdings kann der Fußball auch nicht mehr länger als Randsportart bezeichnet werden, was die gewaltige Zahl der aktiven Fußballspieler beweist. Er ist in den USA zu einer Schwellensportart gewachsen, die sich gegen die ökonomische Verflechtung von Kultur und Ökonomie verwehrt, doch dafür auch einen „Preis“ zu zahlen scheint. Soccer hat sich in den USA nicht erfolgreich zum „Fernsehfußball“ entwickeln können und hat umgekehrt dazu (lediglich) als „Rasensport“/„Graswurzel-Aktivität“ Einzug in die amerikanische Sportgesellschaft gehalten.

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2 Kommentare

  1. Wenn man sich mal vor Augen hält wie das Interesse an Fussball in Amerika gewachsen ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit bis es sich auch im Fernsehen etabliert.

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