Freudentaumel beim FC Bayern München: Trotz einer Heerschar an Verletzten und zehn Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Dortmund erzielte der kriselnde Meister am achten Bundesliga-Spieltag mit drei Treffern von Mario Gomez einen klaren Sieg gegen Hannover 96. Es ist deutlich zu sehen, wie das Selbstvertrauen bei den Spielern zurückkehrt, besonders beim Held des Tages, Mario Gomez, der in den letzten Wochen viel einstecken musste.
Fast vergessen hatten Kritiker in den vergangenen Wochen, dass Mario Gomez einmal ein Torschussgott war, einer der für Stuttgart und Bayern in 157 Einsätzen locker 76 Tore geschossen hat.
Zu oft musste er seit Saisonbeginn beim FC Bayern die Ersatzbank drücken, oder wurde gegen Spielende eingewechselt. Ein Torjäger, der keine Tore macht – kein Wunder, dass Kritiker ihn als den teuersten Fehlkauf aller Zeiten betitelten (satte 30 Millionen Euro hat er den Deutschen Meister gekostet).
Dass er jetzt die Chance bekam, seine Zweifler vom Gegenteil zu überzeugen, war dem Zufall zu verdanken. Auf zehn verletzte Spieler mussten die Bayern am Samstag verzichten – unter anderem auf Gomez’ Konkurrenz im Sturm Miroslav Klose und Ivica Olic. Also durfte Gomez mal wieder in der Startelf ran.
Allzu hohe Erwartungen hatte man nach dem katastrophalen Bundesliga-Saisonstart und in Anbetracht der Notelf, mit der die Bayern antraten, wohl nicht. Und dann übertraf Gomez alle Erwartungen.
Fast im Alleingang besiegt er den Tabellendritten Hannover 96 in der heimischen Allianz-Arena (Bildergalerie). 21., 77., 90. Minute: Gomez ballerte den Gegner regelrecht mit Toren zu. Und statt Pfiffen konnte er endlich einmal wieder den Jubel der Fans genießen, den Respekt der anderen Spieler. Selbst schien er sich nur vorsichtig zu freuen. Schnell verschwand er nach der Partie in der Kabine, anstatt sich wie die anderen Spieler von den Fans feiern zu lassen, übte er sich in vorsichtiger Kritik. „Wir haben heute den Gegner nicht so dominiert, wie man das von dieser Mannschaft erwartet.“
Auch in Richtung seiner Kritiker holte er aus: „Ich hoffe, dass ich nächste Woche wieder Ratschläge bekomme von all den schlauen Kritikern“, sagte er. Und auch Trainer van Gaal verschont der merklich gekränkte Stürmer nicht: „Wenn ich in der 70. Minute eingewechselt worden wäre, hätte ich vielleicht wieder kein Tor geschossen. Ich bin keiner, der in fünf Minuten glänzen kann. Ich muss mich in ein Spiel hineinfighten.“
Vorsichtige Freude zeichnet auch die Reaktionen der Vereinsführung aus. Zwar hat man sich innerhalb eines Spiels von Platz 12 auf Platz 9 vorgekämpft, und hat jetzt nur noch zehn Punkte Rückstand auf die Tabellenspitze, doch Sportdirektor Christian Nerlinger sieht „noch keine Trendwende“.
Zumindest hat der Sieg die Bayern vor einem weiteren Punktverlust und einer kaum mehr auszugleichenden Verschlimmerung der Krise gerettet. Der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge sagte: „Wir brauchten eine Reaktion nach den beiden Niederlagen. Ich hoffe, dass die Mannschaft heute Selbstvertrauen gewonnen hat.“ Gomez bekam ein Extr-Lob: „Ich halte ihn für unseren komplettesten Stürmer und habe immer an Mario geglaubt.“
Ob für die Bayern die Krise nun langsam zu Ende geht, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Am Dienstag geht es zu Hause mit der Champions League-Partie gegen Cluj weiter, danach folgen ein Auswärtsspiel in Hamburg und das DFB-Pokalspiel gegen Werder Bremen.
„Wir haben schwere Wochen vor uns“, warnt Rummenigge, und scherzt: „Jetzt müssen wir weitermachen, so dass die Anderen zumindest bei der Weihnachtsgans überlegen müssen, ob jedes Gramm nicht eins zu viel ist für die Rückrunde.“